Digital Value Networks

Einführung

Auswirkung digitaler Transformation

Der Kompetenzbereich Digital Value Networks untersucht die Auswirkungen der digitalen Transformation auf intra- und interorganisationaler Ebene und liefert durch praxisnahe Forschung Methoden, Ansätze und Werkzeuge zur Planung, Steuerung und Kontrolle von Digitalisierungsaktivitäten.

Auf interorganisationaler Ebene entstehen weit verzweigte, digitale Wertschöpfungsnetze, die durch neuartige Geschäftsbeziehungen, wie etwa digitale Plattformmodelle, gekennzeichnet sind. Der Klimawandel erfordert in zunehmender Dringlichkeit Wertschöpfung klimaneutral zu denken und Transformationsprozesse in Richtung klimaneutraler Wertschöpfungsnetze zu kreieren. Herausforderungen, wie die Dezentralisierung der Energieerzeugung (z.B. durch erneuerbare Energien), und Chancen, wie z.B. neue Marktopportunitäten, können durch digitale Technologien gemeistert und genutzt werden. Vielversprechend dabei sind insbesondere die Energieflexibilisierung und Entwicklung von Geschäftsmodellen, die Klimaneutralität von Wertschöpfungsnetzen einbeziehen. Die Systematisierung und Steuerung dieser zunehmend komplexen Wertschöpfungsnetze stellt eine zentrale Aufgabe für Unternehmen dar, die sich im Forschungsbereich Digital Value Networks widerspiegelt.

Auf intraorganisationaler Ebene ergeben sich im Zuge der digitalen Transformation ebenso weitreichende Änderungen: Auf Geschäftsmodellebene ermöglichen digitale Technologien neuartige, datengetriebene Erlösmodelle (z.B. digitalisierte Produkt-Service Systeme im Industriekontext). Um diese Neuausrichtung auf Geschäftsmodellebene zu vollziehen, sind neben neuartigen technologisch-analytischen Fähigkeiten auch weitreichende Veränderungen der Organisation auf prozessualer, struktureller und kultureller Ebene erforderlich. Dem Management kommt die Aufgabe der Orchestrierung und Steuerung dieser transformativen Tätigkeiten zu, was nur durch ein integriertes Chancen- und Risikomanagement gelingen kann. Um diese Perspektiven integriert zu betrachten, vereint der Kompetenzbereich Forschung zu Digital Transformation Management, Digital Business Models, Opportunity & Risk Management, Energy Performance Management sowie Data Analytics for Industrial Applications.

 

Digital Transformation Management

Die Digitalisierung eröffnet Unternehmen enorme bisher nicht realisierbare Möglichkeiten, führt jedoch auch zu einem sehr viel dynamischeren Marktumfeld, welches die bisher klaren Grenzen zwischen Branchen reduziert oder teilweise auflöst. Um in diesem kompetitiven Marktumfeld auch dauerhaft wettbewerbsfähig zu bleiben, müssen sich Unternehmen kontinuierlich digital transformieren. Diese weitreichende, sozio-technische Transformation umfasst nicht nur technologische Veränderungen, etwa durch Prozessautomatisierung oder Data Analytics, sondern vor allem auch Veränderungen der organisationalen Strukturen und Denkweisen. Wir untersuchen dabei, welche tiefgreifenden Veränderungen Organisationen im Rahmen ihrer digitalen Transformation durchlaufen und wie diese Veränderungen aktiv gesteuert und bewusst gestaltet werden können. Aktuellste Forschungsarbeiten verdeutlichen, dass digitale Transformation kein einmaliger Prozess ist, sondern als fortlaufender Prozess zu verstehen ist. Mit unserer Forschung möchten wir Unternehmen dabei unterstützen, sich auf diesen „continuous change“ vorzubereiten und die nötigen Strukturen, Denkweisen und Werte zu definieren und umzusetzen. Besonderes Augenmerkt legen wir hierbei auf die Entwicklung von notwendigen organisationalen Fähigkeiten in den verschiedensten Unternehmensbereichen, sodass Unternehmen die digitale Transformation erfolgreich durchlaufen können und auch bestens für zukünftige Herausforderungen gewappnet sind.

Digital Business Models

Zunehmender Wettbewerbsdruck wirkt sich auf die Wertangebote und Geschäftsmodelle der Unternehmen aus. Unternehmen müssen sich fortlaufend anpassen, um in Zukunft weiterhin erfolgreich agieren zu können. Digitale Komponenten finden mittlerweile auch in der Praxis mehr und mehr Einzug in Geschäftsmodelle und auch der Plattformgedanke oder datengetriebene Services werden immer präsenter. Unternehmen müssen in immer schneller werdenden Zyklen neue Geschäftsmodelle entwickeln und sich damit von Grund auf innovieren. Auch vor Industrieunternehmen, welche sich bis dato primär auf die Herstellung von physischen Produkten konzentriert haben, macht dieser Wandel keinen Halt. Das Wertangebot wird vermehrt durch digitale Dienstleitungen angereichert, wodurch eine enge Verzahnung von Produkten mit digitalen Services resultiert. Insgesamt ist eine “Servitisierung” von Geschäftsmodellen zu beobachten. Eine wichtige Herausforderung ist hierbei die adäquate Bepreisung dieser zusätzlichen digitalen Dienstleistungen, um die ökonomischen Potenziale heben zu können. Die Umsetzung neuer Revenue Modelle wie „pay-per-result“ stellen beispielsweise Industrieunternehmen und v. a. KMUs vor große Herausforderungen. Im Rahmen dieses Themenbereichs werden Herausforderungen und Potenziale im Zuge der Ausgestaltung neuer, digitaler Geschäftsmodelle erforscht und innovative Lösungen im Rahmen von Praxis- oder Forschungsprojekten gemeinsam mit Unternehmen entwickelt und erprobt.

Opportunity and Risk Management

Während die Digitalisierung oftmals mit Effizienzvorteilen und ökonomischen Potenzialen der hybriden Wertschöpfung assoziiert wird, bringt diese Entwicklung ebenso neue Risiken und Herausforderungen für Unternehmen mit sich. So entstehen durch Digitalisierungsinitiativen und -Maßnahmen auf verschiedenen Organisationsebenen neue Herausforderungen (z.B. im Bereich der IT Security), denen Unternehmen begegnen müssen. Während bspw. die Einführung eines neuen, automatisierten Produktionssystems hohe Effizienzgewinne verspricht, müssen ebenso Auswirkungen auf das Risikomanagement berücksichtigt werden, welche z.B. durch zunehmend vernetzte und abhängige Prozesse entstehen. Auf technischer Ebene können neue Systeme zu Veränderungen in Risikolandkarten und neuen Bedrohungsszenarien führen. Eine kontinuierliche Betrachtung, Einführung und Anpassung von adäquaten Mitigationsmaßnahmen ist somit im Kontext eines ganzheitlichen Risikomanagements unerlässlich. Zudem wirkt die Digitalisierung als sozio-technisches Phänomen über technische Domänen hinaus auf Organisation und Individuum ein. Das Management ist dazu aufgerufen, neue Ansätze, Methoden, Systeme und Werkzeuge zu nutzen, um Organisation und Individuum im Zuge weitreichender Veränderungen durch die Digitalisierung zu führen und mögliche Risiken zu antizipieren und diesen aktiv entgegenzuwirken. Der Forschungsschwerpunkt Opportunity and Risk Management rückt daher eine differenzierte Betrachtung der Digitalisierung in den Vordergrund, die Chancen der Digitalisierung gegen einhergehende Herausforderungen abwägt. Im Fokus der Forschung steht die Entwicklung neuartiger Ergebnisse und -Artefakte, die Organisationen handlungsleitend unterstützen, mögliche Chancen und Risiken der Digitalisierung zu erkennen und zu bewerten. 

Energy Performance Management

Die Auswirkungen des Klimawandels werden immer deutlicher. In diesem Zusammenhang ist die Senkung klimawirksamer Emissionen wie CO2 eine entscheidende Maßnahme, um den Klimawandel abzuschwächen. Ein signifikanter Anteil besagter Emissionen entsteht im Energiesektor mit der Bereitstellung und der Nutzung von Energie. Ob Wärme, Strom oder Antriebsenergie, in all diesen Sektoren ist es entscheidend, von fossilen Energieträgern auf erneuerbare Energieträger umzusteigen. Damit diese Transformation gelingen kann, ist es nicht nur wichtig zu verstehen, wie erneuerbare Energie bereitgestellt wird. Vielmehr ist heute die Nutzung dieser Energie in Verbindung mit dem Einfluss technologischer Neuerungen und Informationssysteme auf den Energiebedarf zentraler Aspekt von Forschung und Praxis. Darüber hinaus gilt es relevante Faktoren zu identifizieren, die Investitionsentscheidungen im Energiebereich beeinflussen oder auch welche lokalen und sozio-ökonomischen Unterschiede bei der Energienutzung vorliegen. Mit diesen gesellschaftlich wichtigen Fragestellungen beschäftigt sich der Bereich „Energy Performance Management“. Auf Basis der Analyse von Energiedaten, der Anwendung von Methoden der künstlichen Intelligenz und des maschinellen Lernens sowie dem Entwickeln geeigneter Simulationen wird versucht, Entscheidungen in Zusammenhang mit der Energienutzung (besonders den Wechsel von fossilen auf erneuerbare Energieträger) von Individuen besser zu verstehen und nachzuvollziehen. Darauf aufbauend kann beispielsweise die Effektivität von aktuell diskutierten klimapolitischen Instrumenten bewertet werden. Eine weitere Anwendung der Datenanalysen ist die Entwicklung verschiedener Entscheidungsunterstützungssysteme, die dem Anwender künftige Folgen des Wechselns auf erneuerbare Energiequellen transparent machen und Risiken quantifizieren. Zusätzlich werden in “Energy Performance Management“ in anwendungsnahen Forschungsprojekten das Energiemanagement sowohl in Microgrids als auch in Industrie- oder Wohnquartieren optimiert, um eine nachhaltige und ökonomische Energieversorgung zu gewährleisten. So können beispielsweise intelligente Energiemanagementplattformen entwickelt werden, welche in Echtzeit und unter Beachtung aller physikalischer Randbedingungen nicht nur Netzstabilität sicherstellen, sondern zugleich die Energiebereitstellung aus verschiedenen innovativen Erzeugungs- und Speicheranlagen unter ökonomischen und ökologischen Gesichtspunkten optimieren. Gleichermaßen lassen sich im Industriekontext große Einsparpotenziale klimawirksamer Emissionen heben, wenn energie-intensive Prozesse im Sinne einer CO2-adaptiven Steuerung hinsichtlich ihrer Flexibilität auf die volatilen erneuerbaren Energien ausgerichtet werden.

Data Analytics for Industrial Applications

Data Analytics, künstliche Intelligenz (KI) und das maschinelle Lernen (ML) bilden eine tragende Säule im Zuge der Industrie 4.0. Insbesondere im industriellen Bereich stellt die Zunahme an Sensoren und Aktoren sowie die damit einhergehende Vernetzung und Möglichkeit der skalierbaren Datenspeicherung und -verarbeitung einen höchst relevanten Treiber für Innovationen dar. Durch ein breites Spektrum an Forschungs- und Industriepartnern ist hier ein Zugriff auf umfangreiche anwendungsnahe Datensätze, die mit fortgeschrittenen Algorithmen ausgewertet werden können, gegeben. Die betrachteten Anwendungen reichen dabei von echtzeitfähigen Forecasting-Tools und autonomen Entscheidungsunterstützungssystemen, über Predictive Maintenance, Kundensegmentierung und Bedürfnisanalysen bis hin zu semantischer Datenaufbereitung und Federated Learning. Während der Entwicklung dienen bekannte Frameworks und Analysemodelle wie bspw. das CRISP-DM als Vorgehensmodell. Die resultierenden Anwendungen und Lösungen erstrecken sich dabei über ein breites Spektrum an Reifegraden, angefangen bei Prototypen über das Minimum Viable Product (MVP) bis hin zum (teil-)automatisierten Deployment. Neben der reinen technischen Betrachtung steht vor allem die Übersetzung von technischen Algorithmen in dazu passende digitale Services und Geschäftsmodelle sowie deren Strukturierung und Darstellung in Form von greifbaren und erklärbaren (XAI) Anwendungen im Fokus. Durch diese integrierte Betrachtung werden Effizienzen in der Industrie gehoben und die Wettbewerbsfähigkeit produzierender Unternehmen gestärkt. 

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Unsere Tätigkeiten

Ansprechpartner

Prof. Dr. Björn Häckel

Professur für Digitale Wertschöpfungsnetze